Ein Beitrag von Franziska Gostner
Laut einer Studie des ifo Instituts aus dem Jahr 2022 klagen 49,7% der Unternehmen in Deutschland über Fachkräftemangel - ein Allzeithoch der bestehenden Datenreihe. Dies verdeutlicht die Dringlichkeit, mit der Unternehmen auf den Mangel an qualifiziertem Personal reagieren müssen.
Zwischen Mangel und Innovation
Der Fachkräftemangel in Österreich und Deutschland ist ein multifaktorielles Problem, geprägt durch demografischen Wandel, Bildungslücken und technologischen Fortschritt. Veränderte Ansprüche an die Arbeitswelt und restriktive Migrationspolitiken verschärfen die Situation. Während das Wirtschaftswachstum die Nachfrage nach qualifizierten Arbeitskräften steigert, wird das Angebot durch eine alternde Bevölkerung und spezifische Anforderungen bestimmter Branchen begrenzt.
Der Mangel an qualifizierten Mitarbeitern und eine hohe Mitarbeiterfluktuation stellen Unternehmen vor große Herausforderungen. Um diesen entgegenzuwirken, ist es entscheidend, die Identifikation der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter mit dem Unternehmen zu stärken. Ein Schlüsselfaktor hierfür ist die Unternehmenskultur - insbesondere der Stellenwert, den Gesundheit und Wohlbefinden darin einnehmen.
Eine Kultur, die auf Gesundheit fokussiert, fördert nicht nur die Zufriedenheit und Bindung der Belegschaft, sondern wirkt sich auch positiv auf Produktivität und Innovationskraft aus. Investitionen in das Wohlbefinden der Mitarbeitenden sind somit essentiell, um Leistungsbereitschaft zu erhöhen, Fluktuation zu reduzieren und den langfristigen Erfolg des Unternehmens zu sichern.
Gesundheit als Spiegelbild der Unternehmenswerte
Die Art und Weise, wie ein Unternehmen die Gesundheit seiner Mitarbeiter behandelt, ist ein deutliches Zeichen seiner Werte und Philosophie. Ein gesundheitsbewusstes Unternehmen kommuniziert: "Unsere Mitarbeiter sind unser wertvollstes Gut, und wir investieren in ihr Wohlergehen."
Gesundheitsangebote am Arbeitsplatz sind nicht nur ein Zusatznutzen, sondern auch eine Demonstration der Unternehmenswerte. Unternehmen, die einen gesunden Lebensstil fördern, signalisieren, dass sie langfristig denken, die Gesundheit ihrer Mitarbeiter schätzen und eine Kultur der Fürsorge pflegen. Dies beeinflusst nicht nur das Wohlbefinden und die Produktivität der Mitarbeiter positiv, sondern stärkt auch das Employer Branding und die Attraktivität als Arbeitgeber. Ein fokussierter Geist und ein gesunder Körper sind essentiell, um den Anforderungen und Herausforderungen im oft stressigen Alltag gerecht zu werden.
Spiegelbild des Erfolgs
Selbstreflexion ist der Schlüssel zur Stärkung der Unternehmensgesundheit. Sie beginnt mit den Führungskräften, die sich ihrer eigenen Glaubenssätze, Emotionen und Verhaltensweisen bewusst werden. Ein tiefes Verständnis der eigenen Werte und Motivationen sind förderlich, um als authentische Führungskraft wahrgenommen zu werden und eine positive Unternehmenskultur zu prägen. Durch regelmäßige Selbstreflexion können Führungskräfte feststellen, inwiefern ihre persönlichen Werte und Überzeugungen mit jenen des Unternehmens übereinstimmen und ob sie diese authentisch nach außen tragen.
Diese Innenschau erlaubt es, Bereiche zu identifizieren, in denen Neuorientierung erforderlich ist – sei es in der persönlichen Lebensführung, in der Führungskultur oder in Unternehmensprozessen. Eine Neuorientierung kann bedeuten, Prioritäten zu verschieben, Ressourcen neu zu verteilen oder Prozesse zu überdenken, um die Gesundheit und das Wohlbefinden der Mitarbeiter in den Mittelpunkt zu stellen.
Eine Unternehmenskultur, die auf Selbstreflexion und kontinuierlicher Verbesserung basiert, fördert nicht nur die Gesundheit der Mitarbeiter, sondern auch die Resilienz und Anpassungsfähigkeit des gesamten Unternehmens. Sie schafft ein Umfeld, in dem Wachstum und Entwicklung gefördert werden und in dem sich jeder Einzelne wertgeschätzt und verstanden fühlt.
Was, wenn nicht …?
Ohne regelmäßige Reflexion verharren Führungskräfte und Mitarbeiter in starren Denkmustern und veralteten Prozessen, die Kreativität und Innovation hemmen. Unbewusste Glaubenssätze und emotionale Blockaden bleiben unerkannt und können das Handeln und Entscheiden negativ beeinflussen. Das Resultat ist häufig eine Unternehmenskultur, die von Misstrauen, Widerstand gegen Veränderung und geringem Engagement geprägt ist.
Fehlende Selbstreflexion führt zudem oft dazu, dass Warnsignale für Überlastung und Stress übersehen werden. Dies kann eine Zunahme von Fehlzeiten, eine erhöhte Fluktuation und letztlich sinkende Produktivität zur Folge haben. Unternehmen, die sich nicht regelmäßig hinterfragen und neu ausrichten, laufen Gefahr, in Stagnation zu verfallen und im Wettbewerb zurückzubleiben.
Den Kompass neu ausrichten
Initiieren Sie als Unternehmen einen Prozess der Selbstreflexion, um Ihre Unternehmensziele (neu) zu bewerten. Fragen Sie sich regelmäßig: "Was sind unsere Kernwerte und Visionen?" Wenn Ihre aktuelle Unternehmenskultur und -praxis nicht mit Ihren angestrebten Zielen übereinstimmen, ist es an der Zeit für einen Wandel. Eine klare Bestimmung Ihrer Prioritäten in allen Geschäftsbereichen ist der entscheidende erste Schritt.
Entwickeln Sie einen umfassenden Aktionsplan und beginnen Sie, Aufgaben zu delegieren, die Sie von Ihren Unternehmenszielen abhalten. Schaffen Sie spezielle Zeitfenster, sogenannte "Fokus-Zeiten", in denen Ihr Team ungestört an den wichtigsten Aufgaben arbeiten kann. Stellen Sie sicher, dass diese Zeiten klar kommuniziert werden, damit die Arbeitsabläufe auch in Phasen intensiver Konzentration effizient fortgeführt werden können.
Von Endorphinen zu Erfolg
In einem Umfeld, in dem Meetings, Projekte und Deadlines das Tagesgeschäft bestimmen, ist es eine allzu verbreitete Realität, dass die körperliche Aktivität bei Mitarbeitern in den Hintergrund tritt. Dieser Mangel an Bewegung ist allerdings nicht nur eine Frage der Fitness; er wirkt als Katalysator für Stress und beeinträchtigt nachweislich die psychische Gesundheit. Wenn Bewegung fehlt, bleiben auch Endorphine – unsere natürlichen Stresskiller – aus. Die Konsequenz ist ein erhöhter Cortisolspiegel, der Stresshormone in den Vordergrund rückt. Die Folgen? Verminderte Entscheidungsfähigkeit, reduzierter Fokus und eine Zunahme von Fehlern und Konflikten.
Zusätzlich fördert Bewegungsmangel muskuläre Dysbalancen, die zu körperlichen Beschwerden wie Rückenschmerzen führen können, was den Stresspegel weiter erhöht. Diese Auswirkungen betreffen nicht nur das Wohlbefinden des Einzelnen, sondern haben auch weitreichende Folgen für das gesamte Unternehmen. Eine geschwächte Entscheidungsfähigkeit und reduzierte Produktivität des Einzelnen können zu einer Verschlechterung der Gesamtleistung des Unternehmens führen.
Es ist daher von großer Bedeutung, dass Unternehmen Strategien zur Steigerung der physischen Aktivität ihrer Mitarbeiter entwickeln und implementieren. Dies kann durch flexible Arbeitszeiten, die Einführung von Pausen mit Bewegungsübungen oder die Bereitstellung von Firmensportangeboten geschehen. Solche Maßnahmen fördern nicht nur die Gesundheit und das Wohlbefinden der Mitarbeiter, sondern auch die Unternehmenskultur und -identifikation.
Befähigen Sie Ihre Mitarbeiter, ihre eigenen Reaktionsmuster auf Stress zu verstehen und Techniken zu erlernen, die ein effektives Stressmanagement ermöglichen.
Ob durch dynamische Methoden wie intensiven Sport oder passive Ansätze wie Yoga und Atemübungen – das Ziel ist, den mentalen Stress zu reduzieren und eine positive Lebenseinstellung zu fördern. Unternehmen können dies unterstützen, indem sie eine Bandbreite an Techniken anbieten und Mitarbeiter ermutigen, diese auszuprobieren.
Dazu gehören auch persönliche und individuelle Lösungen wie Spaziergänge in der Natur, das Hören von Musik oder bewusste Zeit mit Familie und Freunden.
Indem Sie als Unternehmen die Relevanz von körperlicher Bewegung und Stressmanagement erkennen und fördern, stärken Sie nicht nur das individuelle Wohlbefinden Ihrer Mitarbeiter, sondern auch die Leistungsfähigkeit und den langfristigen Erfolg Ihres Unternehmens.
Wie Sie die Produktivität Ihrer Mitarbeiter natürlich steigern
Während die Förderung von Stressmanagement und mentaler Resilienz einen wesentlichen Baustein für das Wohlbefinden Ihrer Mitarbeiter darstellt, spielt auch die körperliche Energie eine tragende Rolle in der Produktivität und Zufriedenheit im Unternehmen. Diese wird durch die Ernährung geliefert.
Der Fokus sollte auf nährstoffreicher, genussvoller Ernährung liegen, die als Energielieferant dient und die Produktivität Ihrer Mitarbeiter steigert. Achten Sie bei der Versorgung z.B. in der Betriebskantine auf Mahlzeiten, die einen konstanten Blutzuckerspiegel gewährleisten. Reduzieren Sie den Zuckerkonsum in Ihrem Unternehmen und setzen Sie stattdessen auf eine Balance aus Ballaststoffen, Eiweiß und gesunden Fetten.
Kohlenhydratlastige Sättigungsbeilagen wie Reis, Kartoffeln und Nudeln sollten in Maßen genossen werden. Diese werden im Körper zu Glucose umgewandelt, was wiederum eine erhöhte Insulinproduktion zur Folge hat, um den Blutzuckerspiegel zu stabilisieren. Warum ist der erhöhte Insulinspiegel unerwünscht? Weil ein regelmäßiges Auf-und-Ab des Insulinspiegels die Produktivitätsleistung Ihrer Mitarbeiter um bis zu 60% reduzieren kann.
Eine gesunde Ernährung muss nicht kompliziert sein.
1. Finden Sie einen Weg, der für alle Mitarbeiter umsetzbar ist: Für manche Menschen ist ein gutes Frühstück der beste Start in den Tag. Für Andere ist eine Tasse Kaffee/Tee im Büro ausreichend (und auch völlig ok).
2. Regelmäßige Mahlzeiten helfen dabei, den Blutzuckerspiegel stabil zu halten und verhindern Heißhungerattacken. Wenn Termine und andere Verpflichtungen diesen Rhythmus nicht zulassen, unterstützen Sie Ihre Mitarbeiter bei der Umsetzung der 18:6-Methode. In einem Zeitraum von 18 Stunden dürfen nur zuckerfreie Getränke konsumiert werden und in den verbleibenden 6 Stunden darf gesund gegessen werden.
3. Statt mit Schokoriegel oder Chips zu “belohnen”, sollten Sie auf gesunde Snacks wie Beeren, Gemüse oder Nüsse setzen.
4. Neben einer ausgewogenen Ernährung ist auch regelmäßige Bewegung und eine gute Schlafhygiene für eine optimale Gehirnfunktion wichtig. Studien haben gezeigt, dass das Gleichgewicht zwischen körperlicher Aktivität und Entspannung das Gedächtnis und die Konzentration messbar verbessern.
Einführung einer 360° Gesundheitsförderung
Der Fachkräftemangel im deutschsprachigen Raum ist ein komplexes Phänomen, das Unternehmen dazu zwingt, innovative Strategien zu entwickeln, um qualifiziertes Personal zu gewinnen und zu halten.
Eine effektive Methode ist die Implementierung einer 360° Gesundheitsförderung, die nicht nur das körperliche, sondern auch das psychische und soziale Wohlbefinden der Mitarbeitenden umfasst.
Hierbei sind konkrete Schritte erforderlich:
Analyse und Bedarfsermittlung: Erfassen Sie den aktuellen Gesundheitszustand Ihrer Belegschaft durch Befragungen und Gesundheitschecks. Identifizieren Sie Bereiche, in denen Verbesserungsbedarf besteht.
Strategieentwicklung: Entwickeln Sie, basierend auf den gewonnenen Erkenntnissen, eine Gesundheitsstrategie, die es erlaubt, auf individuelle Herausforderungen der Mitarbeiter einzugehen und die sowohl physische als auch psychische Aspekte beinhaltet. Definieren Sie klare KPIs, wie die Senkung von Fehlzeiten, Verbesserung des Wohlbefindens und Steigerung der Mitarbeiterzufriedenheit. Integrieren Sie die gesamte Gesundheitsstrategie in die Unternehmenskultur und -ziele.
Implementierung: Setzen Sie die Strategie in die Praxis um, indem Sie entsprechende Programme und Maßnahmen einführen. Dazu zählen Angebote wie Bewegungsprogramme, gesunde Ernährungsoptionen in der Kantine und Schulungen zum Stressmanagement. Führen Sie regelmäßige Befragungen durch, um direktes Feedback von Ihren Mitarbeitenden zu erhalten. Beobachten Sie langfristige Trends, um die Auswirkungen auf Produktivität und Unternehmenserfolg zu bewerten.
Einbeziehung und Empowerment: Entwickeln Sie ein tiefgreifendes Verständnis für die gesetzten Maßnahmen. Nur wenn die Mitarbeiter ihre individuelle Situation und die damit verbundenen Herausforderungen wirklich begreifen, können sie die Notwendigkeit der Veränderung erkennen und aktiv daran mitwirken. Schaffen Sie ein Bewusstsein für die Problematik und ermöglichen Sie es jedem Einzelnen, die Hintergründe und Zusammenhänge zu verstehen.
Kontinuierliches Monitoring: Überwachen Sie die Fortschritte und passen Sie die Strategie bei Bedarf an. Nutzen Sie regelmäßige Feedbackrunden und Gesundheitschecks zur Erfolgsmessung. Auch technologie-basierte Gadgets ermöglichen eine präzise Messung der Körperfunktionen. Solche Tools können dabei helfen, individuelle Gesundheitsdaten wie Herzfrequenz, Schlafqualität, Stresslevel oder körperliche Aktivität zu überwachen. Durch diese objektive Datenbasis können Mitarbeiter ein besseres Verständnis für ihren eigenen Körper entwickeln und auf dieser Grundlage gezielte Verhaltensänderungen vornehmen.
Eine ganzheitliche Gesundheitsförderung ist ein dynamischer Prozess. Sie erfordert Engagement, Offenheit für Veränderungen und den Willen zur kontinuierlichen Verbesserung. Nur so können Unternehmen in Zeiten des Fachkräftemangels ihre Attraktivität als Arbeitgeber steigern und langfristig erfolgreich sein.
Fazit und CTA
Der Fachkräftemangel in Deutschland und Österreich erfordert ein umgehendes Handeln von Unternehmen. Der Schlüssel dazu liegt in einer starken Unternehmenskultur, die Wohlbefinden und Gesundheit in den Vordergrund stellt. Gesundheitsbewusste Maßnahmen sind nicht nur ein Zeichen für Wertschätzung und Fürsorge, sondern sie tragen auch signifikant zur Produktivität und zum erfolgreichen Employer Branding bei.
Selbstreflexion auf Führungsebene, ein Umdenken in Bezug auf Bewegungsmangel und eine fokussierte Ernährungspolitik sind unerlässlich, um die Resilienz und Leistungsfähigkeit der Belegschaft zu stärken.
Um den Herausforderungen des Fachkräftemangels und der Mitarbeiterbindung effektiv zu begegnen, ist ein umfassendes Strategiegespräch ein erster Schritt. Hier evaluieren Sie Ihre Ausgangslage und erarbeiten personalisierte Lösungen.
Über die Autorin
Als Expertin für Produktivitäts- und Vitalitätssteigerung hinterfragt Franziska Gostner etabliertes Wissen und entwickelt ihre eigene Methode für <25% Effizienzsteigerung. Sie schließt die Lücke zwischen kapitalorientierter Effizienz und persönlichem Wohlbefinden. www.essentiae.de
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